Horizonterweiterung – eine Reise ans Schwarze Meer
Das diesjährige Flyout der Antique Airplane Association of Switzerland (AAA) war eine Reise in den Süd-Osten von Europa. Wunderschöne Küsten, spannende Länder und beste Gastfreundschaft erwarteten uns. Nachdem unsere Organisatoren schon Monate an Planung aufgewendet hatten, ging es endlich los für unsere 13 Flugzeuge, auf ein Abenteuer entlang der Donau, bis ans Schwarze Meer.
Unsere Gruppe kam in Wiener Neustadt zusammen, nachdem die meisten via Kempten im Allgäu angeflogen waren. An einem Briefing informierte Vince Fischer und Hans Goldinger die Gruppe über die nächsten Tage, denn insbesondere die Einreise nach Bulgarien war noch alles andere als sicher. Dank enger Zusammenarbeit mit der Aircraft Owners and Pilots Association (AOPA) von Bulgarien waren wir guter Hoffnung, dass es schliesslich doch noch klappen würde.
Wir flogen über den ungarischen Plattensee nach Osijek in Kroatien und von dort direkt weiter zum Flughafen von Niš in Serbien. Der Tanklastwagen brachte dort zahlreiche Formulare und die Bürokratie forderte vier Stunden bis wir uns in die Stadt begeben konnten. Eine Iljuschin Il-76, ein russisches Flugzeug, hiess uns beim Warten sinnbildlich willkommen im Süd-Osten von Europa. Wir blieben eine Nacht in der Stadt und trafen uns zum gemeinsamen Abendessen. Obwohl wir es uns gut gehen liessen, belief sich die Rechnung für uns 19 Personen gerade mal auf insgesamt 200 Euro. Hier zeigte sich, dass uns diese Reise auch die Unterschiede in Europa vor Augen führen würde.
Noch beim Abendessen in Serbien waren wir uns nicht sicher, ob es am nächsten Tag tatsächlich nach Bulgarien weitergehen würde. Fleissig zitierten die die Verantwortlichen für den Luftraum Bulgariens ihr Luftfahrthandbuch (AIP) und forderten von uns sämtliche Dokumente der Flugzeuge, obwohl dies ein Prozedere für Airlines gewesen wäre und auf uns gar nicht zutraf. Es schienen andere Regeln zu gelten, EASA-Standardisierung hin oder her. Dank der Zusammenarbeit mit der AOPA Bulgarien hiess es am Morgen des Fluges plötzlich, dass alles in Ordnung war und wir starten durften.
Die Controller in und um Bulgarien folgten der Struktur von Instrumentenflügen, obwohl wir alle nach Sicht flogen. Beispielsweise benötigten wir einen Startup-Request – und dies war insbesondere für die Flugzeuge umständlich, die den Motor nur von Hand anwerfen konnten. Vor dem Abflug erfolgte dann eine komplette ATC-Freigabe bis zur Destination. Wir befanden uns nun offensichtlich in Gegenden, in denen das Fliegen nach Sicht mit privaten Flugzeugen unüblich war.
In der Luft ging es gleich strukturiert weiter, als wir über die ausgedehnten Wälder des Balkangebirges stiegen. Im Inneren Bulgariens kamen wir dem Flugplatz von Gorna näher und der Controller hatte einen Plan für uns. Wie Airliner versuchte er uns mit gleichen Geschwindigkeiten aufzulinieren. Dies war bei unseren unterschiedlichen Flugzeugen jedoch nicht ganz einfach: Die Aeronca Champion, Piper Super Cub und Jodel flogen zwischen 70 und 90 Knoten. Die Frage des Controllers, ob die Jodel ihren Anflug mit 160 Knoten durchführen könne, musste leider negativ beantwortet werden. Immerhin im Stechflug konnte unsere Cessna Skylark knapp der schnellen Bonanza Debonair folgen.
Der Flughafen von Gorna war nur wegen unserer Ankunft belebt, die Angestellten waren extra für uns da. Draussen vor dem Terminal warteten leere Taxis auf ihre Fahrer, die noch als Tankwart, Feuerwehrmann oder Handling Agent im Einsatz waren. Dass am Flughafen Betrieb herrschte, schien eher die Ausnahme zu sein und so dauerte es etwas, bis alle Arbeiten erledigt waren und die Taxis wieder besetzt werden konnten.
Wir verbrachten eine Nacht in der nahe gelegenen Stadt Veliko Tarnovo. Dort fand gerade ein Festival mit slawischen und internationalen Tanzgruppen statt und in unserem Hotel wurden wir mit Dachterrasse und Pool verwöhnt. Bulgarien zeigte sich von seiner besten Seite und das ganz authentisch und natürlich, denn wir schienen an diesem Ort die einzigen Touristen aus Westeuropa zu sein.
Am Abend trafen wir uns mit unseren Kontaktpersonen der AOPA Bulgarien, die unsere Anreise überhaupt möglich machten und für uns unverzichtbare Begleiter auf dieser Reise waren. Am gemeinsamen Abendessen nutzte die AOPA die Gelegenheit, uns die Situation der Allgemeinen Luftfahrt in Bulgarien näher zu bringen. Diese Triple-A-Reise würden sie gleich als Vorzeigebeispiel verwenden, um den Regionen und Behörden zu zeigen, wie die Allgemeine Luftfahrt ein Teil der Wirtschaft sein kann und gefördert werden muss. Kleine Flugplätze mit Zollabfertigung werten beispielsweise die Regionen auf und entlasten die internationalen Flughäfen.
Der nächste Flug brachte uns nach Rumänien, über den internationalen Flughafen Constanţa, zum Grasflugplatz von Tuzla am Schwarzen Meer. Einige der Flieger machten einen Ausflug zum Donau-Dreieck, um die wunderschöne Wasserlandschaft von oben zu betrachten.
An der rumänischen Küste des Schwarzen Meers verbrachten wir eine Nacht. Die einheimischen Touristen schienen das Nachtleben zu lieben, überall waren Partyzelte und leuchtende Attraktionen. Sogar beim Pool des Hotels war ganztägig ein DJ angestellt, der die Gäste mit pulsierendem Bass Beat für Beat daran erinnerte, dass man hier war, um Party zu machen.
Als unsere Gruppe wieder am Flugplatz Tuzla zur Graspiste rollte, hielt das Einziehfahrwerk eines unserer Flugzeuge dem holprigen Boden nicht stand und musste in der Folge leider über mehrere Tage repariert werden – und die Crew musste dann noch einen anhaltenden Regen abwarten. Für den Rest der Triple-A-Gruppe ging die Reise weiter, entlang der Küste des Schwarzen Meers nach Primorsko in Bulgarien, wenige Kilometer von der türkischen Grenze entfernt. Die AOPA Bulgarien organisierte speziell für uns zwei Zöllner, die uns direkt nach der Landung unbürokratisch kontrollierten. Der Apéro riche von der AOPA machte unsere Ankunft ganz im Süden Bulgariens, am eigentlichen Ziel der Reise, perfekt.
Ganze drei Nächte verbrachten wir in Sinemorets und genossen die Ferienstimmung in den Strandbars. Jeden Abend freute sich das BBQ-Restaurant «Casa Domingo» auf den Besuch unserer Gruppe. Das von einer Familie geführte Restaurant gefiel uns so sehr, dass wir uns immer wieder aufs Neue dafür entschieden. Während viele von uns die Tage am Strand verbrachten, machte sich unsere Aeronca Champion noch auf einen Ausflug in die Nähe von Istanbul. Man kann es nicht anders sagen, die Triple-A liebt das Fliegen!
Die Weiterreise ging direkt in den Westen nach Lesnovo, in die Nähe von Sofia. An der kurzen Leine des Controllers mussten wir in Primorsko im 5-Minutenabstand starten und wegen eines flächendeckenden Militärgebietes auf 5'000 Fuss steigen. Unter uns sahen wir einige MiG-Formationen hindurchschnellen und ein einziger Militärhelikopter war auf der Frequenz. Wir schienen die einzigen zivilen Flugzeuge im Luftraum Bulgariens zu sein.
Unsere Abflüge verzögerten sich in Lesnovo wegen der schon wieder geforderten Staffelung beim Start und einem erneuten Durcheinander von Flugplänen, die zwar von Eurocontrol akzeptiert waren, doch trotzdem mit dem Vermerk «falsche Route» inoffiziell zurückgewiesen wurden. Geplant hatten wir, dass alle am Nachmittag in Kroatien ankommen. Nun spielten aber einige Faktoren zusammen, denn während sich die Wolken über dem Balkangebirge auftürmten verstrich die Zeit. Wer nicht früh starten konnte, war mit mehr Wolken konfrontiert und konnte nur den Hüpfer über die ersten Berge nach Niš in Serbien machen. Von dort gestaltete sich der Weiterflug in den nächsten Tagen wegen des Wetters schwierig. Über einen Umweg nach Osijek, ganz im Osten Kroatiens, konnte man sich erst später auf der malerischen, kroatischen Insel Mali Losinj wieder treffen. Die ersten paar Flugzeuge schafften es, von Lesnovo direkt bis nach Kroatien zu fliegen. Auf dieser Route musste der Kosovo im anspruchsvollen Wetter südlich oder nördlich umflogen werden. Am vorbeiziehenden Boden waren noch Hinweise auf den Krieg Ende der 90-er Jahre zu sehen, im damals umkämpften Gebiet sahen wir zahlreiche Krater auf alten Militärflugplätzen und im Gebirge.
An der Adria wurde nun der Kontrast zwischen den Ländern deutlich, den wir auf dieser Reise erlebt hatten. Hier waren die Flugplätze speziell auf uns Touristen ausgerichtet: Auf der kroatischen Insel Brač hatten die Handling Agents unsere Flugzeuge verzurrt, noch bevor wir ausgestiegen waren. Wir verbrachten ein paar wunderbare Ferientage an diesem hellblauen, glasklaren Meer, bevor es dann zurück ging in Richtung Schweiz.
Herzlichen Dank an Vince Fischer und Hans Goldinger für die Organisation und dafür, dass wir auf dieser besonderen Reise ans Schwarze Meer unseren Horizont erweitern durften.
Florian Rhyn 12.08.2018